Vorlesungs- und Lehrendenverzeichnis
SoSe 2020
Das Nibelungenlied
Das Nibelungenlied ist aus ganz verschiedenen Gründen einer der wichtigsten Texte der mittelhochdeutschen Literatur: Abgesehen davon, dass diese grandiose Geschichte um betrügerische Brautwerbung, Herrschaft und Macht, um höfische minne, unbeherrschtes zürnen, untröstliches trûren, bedingungslose triuwe und unerbittlichen haz es verdient, immer wieder gelesen zu werden, ist es durch seine Anonymität, seine Fassungs- und Gattungsproblematik, seine Verknüpfung mit der ‚Nibelungenklage’ in den Handschriften und seine Position zwischen mündlichem Erzählstil und schriftliterarischer Stilisierung auch ein Text, anhand dessen sich in besonderer Weise für verschiedene Probleme mittelalterlicher Textualität sensibilisieren und in Forschungsfragen der Altgermanistik einführen lässt. Nicht zuletzt ist das Nibelungenlied aber (und zwar wohl bereits für seine mittelalterlichen Rezipienten) auch das Epos der offenen Fragen manche Nibelungenforscher halten den Text nicht nur für widerspruchsvoll, sondern für letztlich undeutbar.
Die Widersprüche, die sich in der Handlung des Nibelungenliedes immer wieder ergeben, haben (zumindest auch) damit zu tun, dass das Nibelungenlied keine Originalschöpfung ist, sondern eine Jahrhunderte alte Geschichte, nämliche die Nibelungensage, neu erzählt. Doch der Autor des Nibelungenliedes hat die Spuren der alten Geschichte in seiner neuen nicht konsequent getilgt.
Wir wollen nicht nur das Nibelungenlied lesen und interpretieren, Geschlechterrollen und Figurenkonzeptionen herausarbeiten sowie Beziehungskonstellationen analysieren, sondern auch untersuchen, an welchen Stellen Unstimmigkeiten in der Handlung vorhanden sind und was die Gründe dafür sein könnten, dass der Autor sie womöglich absichtsvoll hat bestehen lassen.
Das Seminar ist für die digitale Fernlehre konzipiert. Alle Primärtexte stehen für Sie in Moodle bereit.
Das Seminar ist über Lektüre und wöchentliche Aufgaben organisiert. Das sind zum Teil Schreibaufgaben, doch die Aufgabenstellung kann auch offener sein. Wer lieber spricht als schreibt, kann gegebenenfalls auch einen Podcast einstellen. Sie arbeiten bis auf Weiteres in Dreiergruppen, die von mir (alphabetisch) zusammengestellt werden. Die Seminarleistung wird durch die Anfertigung eines Tafelbildes und zehn kurze Seminaraufgaben erbracht
Die Idee des Tafelbildes:
1.) Sie suchen sich einen Text, beziehungsweise eine Sitzung aus, zu der Sie ein Tafelbild erstellen wollen. Ein Tafelbild ist die Visualisierung eines Konflikts, einer Figurenkonstellation, der Entwicklung einer Figur oder der Symbolik eines Weges oder Raumes. Durch ein Tafelbild machen Sie etwas sichtbar, das Sie interpretatorisch aus dem Text heraus entwickeln müssen. Wichtig ist, dass das Tafelbild nicht beschreibend ist, also nicht nur wiedergibt, was im Text geschieht, sondern wirklich einen neuen, systematischen Blick auf das Geschehen eröffnet. Deshalb kann man über ein gutes Tafelbild auch diskutieren. Im Präsenzunterricht wird es manchmal durch Anregungen aus dem Seminar ergänzt, korrigiert oder präzisiert.
Im digitalen Unterricht könnte das Tafelbild die Form eines Schaubildes haben Sie können von Hand zeichnen, eine Graphik erstellen oder - wenn Sie ambitionierter sind - eine Animation oder ein kleines Video machen. Da das Tafelbild im Präsenzunterricht präsentiert wird, brauchen wir in der digitalen Form eine Erläuterung von Ihnen, damit wir es einordnen können, auf ca. 1 Seite.
WICHTIG: Sprechen Sie die Sitzung, zu der Sie das Tafel- oder Schaubild anfertigen wollen, und Ihre Idee dazu mit mir ab. Am besten vereinbaren wir dazu einen Telefontermin.
Die Seminaraufgaben sind kurze Interpretationsaufgaben, die Sie von Woche zu Woche von mir zu den jeweiligen Texten im Seminarplan erhalten. Sie sind im Umfang von ca. 2-3 Seiten zu beantworten.
Bitte beachten Sie auch:
Unsere literaturwissenschaftlichen Seminare setzen auf einen kontinuierlichen Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden, aber auch unter den Studierenden und Arbeitsgruppen. Sie sind als Dialoge zur gemeinsamen Entwicklung von und Arbeit an Fragen der Textinterpretation angelegt und darin auch besonders produktiv. Wir bemühen uns um eine bestmögliche Übertragung dieses Dialogprinzips in digitale Formate, die sich zur Simulation eines offenen Austauschs aber nur begrenzt eignen. Daher beabsichtigen wir, die Seminare als Präsenzveranstaltungen fortzusetzen, so bald und soweit dies möglich ist. Ein Parallelangebot von Präsenz- und Online-Lehre lässt sich aus Kapazitätsgründen dann allerdings nicht realisieren. Bitte berücksichtigen Sie also bei der Belegung dieses Seminars, dass Sie bei einer Rückkehr zur Präsenzlehre auch regelmäßig am Seminar zum angekündigten Termin in Potsdam teilnehmen können müssten. In begründeten Härtefällen können wir selbstverständlich Ausnahmeregelungen vereinbaren.
Literatur
Das Nibelungenlied, hrsg. von Ursula Schulze. Stuttgart (Reclam, Jahr/Auflage ist nicht entscheidend). Es kann aber auch die Fischer-Taschenbuch-Ausgabe von Helmut Brackert (Jahr/Auflage ist nicht entscheidend) genutzt werden.
Es wäre wichtig, dass Sie begleitend eine gute Einführung lesen. Zu empfehlen sind:
- Ursula Schulze: Das Nibelungenlied. Stuttgart 1997 (Reclam)
- Jan-Dirk Müller: Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes. Tübingen 1998.
Leistungspunkterwerb
Prüfungsversion 2011:
2 LP (unbenotet): Teilnahme + Studienleistung/Testat
3 LP: Prüfungsleistung (K/P)
Prüfungsversion 2014:
2 LP (unbenotet): Teilnahme + Studienleistung/Testat
2 LP: Hausarbeit/Variante B (K) oder Prüfungsgespräch/Variante A (P)
Testat:
Die Seminarleistung wird durch die Anfertigung eines Tafelbildes und zehn kurze Seminaraufgaben erbracht. Vgl. dazu den Seminarkommentar.
Studiengänge und Module
LP | SWS | benotet | ||
B2 Germanistik 2011 | ||||
4021 | GM-LW2/Teil 1: Textanalyse und Interpretation von 750-1500, Grundmodul Textanalyse und Interpretation | 2 | 2 | nein |
4025 | Modulprüfung (Hausarbeit) in GM-LW2 oder GM-LW3, Grundmodul Textanalyse und Interpretation (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 3 | 0 | ja |
4151 | Modulprüfung (Prüfungsgespräch), Grundmodul Textanalyse und Interpretation (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 3 | 0 | ja |
B2 Germanistik 2014 | ||||
250711 | Seminar: Literatur und Literaturgeschichte von 750 -1500, Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) | 2 | 2 | nein |
250701 | A: Prüfungsgespräch, Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 2 | 0 | ja |
250702 | B: Hausarbeit , Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 2 | 0 | ja |
BL Deutsch 2011 | ||||
4021 | GM-LW2/Teil 1: Textanalyse und Interpretation von 750-1500, Grundmodul Textanalyse und Interpretation | 2 | 2 | nein |
4025 | Modulprüfung (Hausarbeit) in GM-LW2 oder GM-LW3, Grundmodul Textanalyse und Interpretation (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 3 | 0 | ja |
4152 | Modulprüfung (Prüfungsgespräch), Grundmodul Textanalyse und Interpretation (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 3 | 0 | ja |
BL Deutsch 2013 | ||||
250711 | Seminar 1: Textanalyse und Interpretation von 750 bis 1500 , Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) | 2 | 2 | nein |
250701 | A: Prüfungsgespräch, Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 2 | 0 | ja |
250702 | B: Hausarbeit , Aufbaumodul Textanalyse und Interpretation (AM-LW1) (Prüfung! Separat über PULS zu buchen.) | 2 | 0 | ja |